Die britische Premierministerin Theresa May hat vorgezogene Parlamentswahlen ausgerufen, um die Position ihrer Partei – die laut Umfragewerten hohe Zustimmungsraten hatte – zu stärken. Überraschend hat sie aber ihre Mehrheit verloren und steht für die kommenden Brexit-Verhandlungen geschwächt da.
Nach dem Brexit hat die britische Premierministerin Theresa May Parlamentsneuwahlen angesetzt, um ihre konservative Partei (Tories) für die Brexit-Verhandlungen mit der EU zu stärken.
Entgegen den Erwartungen verliert ihre Partei aber Sitze im Parlament und steht nun geschwächt da. Um weiterregieren zu können, ging May eine Koalition mit der Democratic Unionist Party ein, eine kleine
erzreligiöse Partei, die Homosexualität, Glücksspiel und Schwangerschaftsabbrüche als Sünden ansieht.
Da May nun für die Brexit-Verhandlungen auf die Kooperation von anderen Parteien angewiesen ist, dürfte es in Zukunft schwieriger werden, eine gemeinsame Linie gegenüber der EU zu finden. Konkret
besteht Unklarheit darüber, ob es zu einem «soft Brexit» oder einem «hard Brexit» kommen soll.
Ein «soft Brexit» ist ein sogenannter weicher
Austritt, bei dem eine grösstmögliche Nähe zwischen der EU und Grossbritannien erreicht werden soll: Der Zugang zum EU-Markt wäre unbeschränkt, aber es wäre keine Mitsprache mehr möglich, da
Grossbritannien kein Mitglied der EU mehr ist. Im Gegenzug muss Grossbritiannien eine Personen- und Güterfreizügigkeit gestatten und Zahlungen an die EU leisten. Die britische Wirtschaft könnte
vom Marktzugang profitieren, gleichzeitig würde aber eine Hauptforderung der Befürworter und Befürworterinnen des Brexits ausgehebelt – die Personenfreizügigkeit war einer der Gründe, warum viele
Leute aus der EU austreten wollten.
Ein «hard Brexit» wäre ein harter Austritt,
bei dem Grossbritannen keinen Zugang mehr zum EU-Markt und zur dazugehörigen Zollunion hätte. Es müssten neue Abkommen verhandelt werden. Britische Güter müssten verzollt werden und wären
folglich teurer als unverzollte europäische Güter. Dies könnte zu abnehmenden Exportzahlen führen und könnte die britische Wirtschaft schädigen. Dafür hätte Grossbritannien keine neuen
Verpflichtungen gegenüber der EU.
Eine teure Scheidung?
Einer der wichtigsten Verhandlungspunkte zwischen Grossbritannien und der EU ist die Summe, die Grossbritannien der EU aus vergangenen Zusagen und Verpflichtungen schuldig ist. Wenn man diesen
Vorgang mit einer Scheidung vergleicht, wäre das so, als ob ein Ehepaar gemeinsam ein Haus gekauft hat und die Kosten in Raten abzahlt. Im Falle einer Scheidung stellt sich die Frage, wer in
Zukunft wie viel an die Raten für das gemeinsame Projekt bezahlen muss.
Die EU fordert von Grossbritannien, dass bei bereits zugesagten (zum Teil langjährigen) Projekten die versprochenen Zahlungen geleistet werden, bevor andere Verhandlungspunkte besprochen werden.
Ein erster Vorschlag der britischen Regierung umfasst mindestens 20 Milliarden Euro, erste Kalkulationen der EU gehen von 60 bis 100 Milliarden Euro aus.
N24: Wahlen in Grossbritannien: Deftige Ohrfeige für Theresa May und die Tories
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