Gewalttätige Demonstrationen halten seit dem Juni die chinesische Stadt Hongkong in Atem – die Teilnehmerinnen und Teilnehmer fordern grössere Versammlungs- und Meinungsfreiheit und protestieren gegen Polizeigewalt.
Im Februar 2019 verfasste die Hongkonger Regierung einen Gesetzesentwurf, der in gewissen Fällen die Auslieferung von Straftätern und Straftäterinnen an die chinesische Strafverfolgungsbehörde vorsah. Das Gesetz löste internationale Kritik und Demonstrationen in Hongkong aus. Da die Gerichte in Festlandchina nicht politisch unabhängig, sondern ein Instrument der restriktiven chinesischen Regierung sind,
Quelle: Wikimedia Commons, Studio Incendo, CC BY 2.0 wurde befürchtet, dass das Gesetz die politische
Einflussnahme Chinas in Hongkong ausbauen würde.
Die ursprünglich friedlichen Demonstrationen eskalierten zunehmend zu gewalttätigen Protesten und Strassenschlachten zwischen Polizei und Demonstranten. Die Heftigkeit der polizeilichen Gewalt
fiel mit dem Auftreten von Schlägertrupps zusammen. Diese standen im Verdacht, mit der chinesischen Regierung zusammenzuarbeiten, um die Demonstrationen zu unterdrücken. Diese Ausgangslage gab
dem Anliegen der Demonstrantinnen eine neue Dimension. Seit Ende Juli richteten sich die Proteste nun auch gegen Polizeiwillkür und generelle Einflussnahme des chinesischen Regimes und traten für
den Erhalt demokratischer Rechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit ein.
Am 4. September 2019 kündigte die Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam
als Reaktion auf die Proteste die Rücknahme des umstrittenen Gesetzes an. Obwohl das Gesetz am 23. Oktober offiziell zurückgezogen wurde, dauern die Proteste immer noch an, da sich die Anliegen
der Demonstrierenden längst auf das generelle politische Verhältnis zwischen Hongkong und China ausgeweitet haben. Die Protestierenden sehen in der Regierungschefin Carrie Lam mittlerweile eine
Bedrohung für die politische Unabhängigkeit Hongkongs und fordern deren Rücktritt.
Seit 1841 war Hongkong eine britische Kolonie. Erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts forderte die Volksrepublik China, unterstützt durch die Vereinten Nationen, die Rückgabe des besetzten
Gebiets. Deng Xiaoping, damaliger Parteiführer und offizieller
Nachfolger von Mao Zedong, verfolgte bei der Übergabe die Doktrin «Ein Land, zwei Systeme». Sie sollte garantieren, dass es
ein vereintes Land China gibt, einzelne Städte jedoch weiterhin ihre eigenen politischen und wirtschaftlichen Systeme beibehalten, statt sich dem kommunistischen System unterwerfen zu müssen.
Seit 1997 ist Hongkong offiziell eine zu China gehörende Sonderverwaltungszone mit grosser politischer Autonomie.
Hunderttausende protestieren in Hongkong
Special Report: Hong Kong on Edge
Die Geschichte Hongkongs – Ein Land, zwei Systeme.
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